Mietzinsbefreiung aufgrund der aktuellen Coronasituation
§ 1104 ABGB normiert den Entfall der Verpflichtung zur Mietzinszahlung oder Pachtzinszahlung, wenn der Bestandgegenstand aufgrund behördlicher Vorschriften nicht benutzt werden kann. Jedoch sind die aufgezählten Sachverhalte in § 1104 ABGB nicht erschöpfend. Es muss immer ein außerordentlicher Zufall vorliegen, welche nicht nach dem normalen Lauf der Dinge vorkommt.
Der Anspruch auf Zinserlass kann insbesondere auch durch Geschehnisse entstehen, welche die Bestandsache selbst gar nicht berühren, aber objektiv ein Benutzungshindernis darstellen. Dies ergibt sich schon daraus, dass unter den gesetzlichen Beispielen auch „Seuchen“ aufgezählt sind. Prüfungswesentlich ist immer, dass der Zinserlass nur solche Ereignisse betrifft, die in gleicher Weise wie für den gegenwärtigen auch für einen anderen Mieter das Mietobjekt unbrauchbar gemacht hätte. Insgesamt wird daher von der Judikatur ein Zinserlass anerkannt, wenn durch behördliche Betriebsbeschränkungen die Möglichkeit der Gewinnung von Erträgnissen nicht mehr möglich ist.
§ 1105 ABGB regelt die Folge einer nicht vollständigen Behinderung des vertragsmäßigen Gebrauches.
Bei der Miete bewirkt jede Beschränkung des Gebrauches eine verhältnismäßige Minderung des Zinses. Handelt es sich um eine Einschränkung in der Art des Gebrauches, so ist der nachzulassende Teil des Zinses vom Gericht nach Ermessen zu bestimmen.
Ist daher die Möglichkeit gegeben, dass durch tatsächlichen Online-Verkauf von Ware, die z.B. in einem Lager vorhanden ist, der Betrieb fortgeführt wird, oder ein Teil auch als Büro tatsächlich genutzt wird, ist nur eine Einschränkung der Ertragsmöglichkeit gegeben, sodass auch nur eine teilweise Zinsminderung erfolgen kann.
Eine grundsätzlich noch nicht entschiedene Frage ist, ob bei Ersatz des Verlustes durch die behördliche Schließung durch den Staat selbst, es gerechtfertigt ist, die Zinsbefreiung in Anspruch zu nehmen, da der Bestandnehmer durch die Inanspruchnahme einer Staatsförderung jedenfalls nicht bereichert sein soll. Es wird daher im Einzelfall notwendig sein zu beurteilen, ob und wenn ja in welchem Ausmaß eine Zinsminderung tatsächlich zulässig ist.
Bei Pachtverträgen sieht der § 1105 ABGB allerdings vor, dass die Minderung des Pachtzinses nur dann möglich ist, wenn das Pachtverhältnis weniger als ein Jahr andauert.
Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass bei einer Verpachtung von mehr als einem Jahr der Minderertrag durch den Mehrertrag der folgenden Jahre ausgeglichen werden könne. Folglich verschiebt sich die Entscheidung über den Erlass des Pachtzinses bis zum vertraglich vereinbarten Pachtende.
Die Vorschriften die Pacht betreffend in § 1105 ABGB haben allerdings zum Zeitpunkt der Entstehung des ABGB offenbar auf landwirtschaftliche Pacht abgestellt, was aus der geringen wirtschaftlichen Bedeutung sonstiger gewerblicher Pacht erklärbar ist. Es kann daher eine wörtliche Anwendung dieser Bestimmung auf die derzeitigen Pachtverhältnisse nicht vorgenommen werden. Ist daher ein Betrieb wegen Seuchengefahr gänzlich behördlich verboten, so ist die Brauchbarkeit der Pachtsache eingeschränkt und dem Pächter auch ein Minderungsanspruch zuzugestehen.
Nach der nicht unumstrittenen Rechtsprechung umfasst die Mietzinsminderung alle Mietzinsbestandteile und daher auch Betriebskosten.
Wenn Mieter oder Pächter daher ihre Zahlungen einstellen, wird empfohlen darauf hinzuweisen, dass dies vorerst unpräjudiziell zur Kenntnis genommen wird, wobei damit ausdrücklich nicht anerkannt wird, dass die Voraussetzungen für die gänzliche oder teilweise Zinsminderung vorliegen.